Alte und neue materialistische Feminismen

Titelbild des Kurses
Sommersemester 2018 Alte und neue materialistische Feminismen

Materialistischer Feminismus umschreibt, sehr allgemein gefasst, eine theoretische Zugangsweise auf vergeschlechtlichte Herrschaftsverhältnisse. Aus dieser Theorierichtung heraus wird analysiert, wie durch Vergesellschaftungsprozessen in patriarchal-kapitalistischen Strukturen Frauen und weibliche Subjekte sowie Tätigkeiten der sozialen Reproduktion systematisch abgewertet werden. Materialistische Feministinnen argumentieren (sowohl in Bezug auf, als auch in Abgrenzung zu Ansätzen des historischen Materialismus, wie er insbesondere von Marx und der marxistischen Linken geprägt wurde), dass diese Abwertungen funktionalen Rationalitäten unterliegen, indem sie zentral zur Mehrwertproduktion und Selbsterhaltung des Kapitals selbst dient. Ziel dieser Auseinandersetzungen ist es eine Gesellschaftskritik zu entwerfen, die sowohl kapitalistische als auch patriarchale Strukturen grundlegend analysiert und kritisiert.   

In dem Blockseminar werden wir uns intensiv mit unterschiedlichen Zugängen, Ansätzen und Debatten alter und neuer materialistischer Feminismen auseinandersetzen. Hierbei werden wir zunächst die Schriften der Frühphase der sozialistischen Frauenbewegung Ende des 19. /Anfang des 20. Jahrhunderts sowie den Streit innerhalb der ‚Neuen Linken‘ und der daraus hervorgehenden Hausarbeitsdebatte der 1960er Jahre in den Blick nehmen. Durch diese Arbeiten wurde herausgestellt, dass die Situation von Frauen, die Bedeutung von Hausarbeit und patriarchale Strukturen in ihrer historischen Entstehung nur unter Eingedenken der Etablierung kapitalistischer Strukturen zu verstehen sind. Insbesondere aus poststruktualistischer Perspektive wurde den Auseinandersetzungen der 1960er und 1970er Jahre eine Essentialisierung der Kategorie Frau und Geschlecht vorgeworfen, was dazu führte, dass nun der Fokus auf Dekonstruktionsprozessen von Subjekten, Körpern und Kategorien lag, materielle Verhältnisse jedoch aus dem Blick gerieten. Karen Barad antwortete darauf mit der Aussage: „the only thing that doesn’t seem to matter anymore is matter“ und plädierte für einen material turn. Diese Forderung geht seitdem insbesondere in Debatten des new materialism auf. Aber ist der new materialism eine Weiterentwicklung des ‚old‘ materialism? Oder wird hier nicht der Betrachtung von Materie der Vorschub geleistet und die Analyse und Kritik von Materialismus bleibt unberücksichtigt. Oder präziser: Ansätze neuen materialistischen Feminismus stehen vor der Aufgabe ältere Ansätze zu beerben, sie jedoch auf gegenwärtige Gesellschaftsverhältnisse, dies meint sowohl strukturelle (Arbeit, Geschlecht) als auch subjektive (Begehren, Utopien), zu reformulieren und daraus Modi von Gesellschaftskritik abzuleiten. Wie und ob dies gegenwärtig gelingt und zukünftig gelingen kann, wollen wir in vier Blocktagen anhand von Texten, aber auch Videos und Selbstreflexionen erarbeiten und intensiv diskutieren.

Kurze Vorabempfehlung: http://www.prokla.de/wp/wp-content/uploads/2014/prokla174-editorial.pdf

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